Jackline und ihre beiden Mitarbeiterinnen engagieren sich im Bereich sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Sie wohnen mit ihnen in einem Haus, sie nennen es „Shelter“ in Kampala, Uganda und cornerstone domino hat sie dort im Oktober 2024 besucht.
Mädchen werden aus ihren schlimmen Gewalt- oder Missbrauchssituationen oder auch aus der Prostitution befreit und kommen in die Shelter. Dort erfahren sie Schutz, Trost, Annahme, Heilung, es werden ihnen Lifeskills vermittelt, Traumata aufgearbeitet, berufliche Fähigkeiten vermittelt und Schritt für Schritt der Selbstwert und ein Bewusstsein für Würde wieder aufgebaut. Die Kraft von Vergebung ist wesentlicher Bestandteil der Motivation, und auch der direkten Arbeit.
Jackline und ihre zwei Mitarbeiterinnen wohnen und leben mit den Mädchen. Jede der Mädchen darf für drei Jahre die Zeit im Haus nutzen, um wieder lebenstüchtig und stark zu werden. Die Mädchen nennen die Mitarbeiterinnen „Tante“, denn diese wollen den Betroffenen eine neue Form von „Familie“ anbieten. Nach diesen drei Jahren müssen sie wieder nach Hause. Wenn der Täter aus der eigenen Familie kommt, geht es zurück in Haushalte von verwandten Personen. Der Schutzaspekt steht bei der Rückführung im Vordergrund.
Ich sprach in der Küche eines der Mädchen an. Ich dachte, sie sei um die 10 Jahre, aber sie war bereits 13 und Langzeitopfer von massiver sexueller Gewalt durch einen Soldaten geworden. Wo ich gerade dabei war, fragte ich eine anwesende Betreuerin nach ihrem Alter. 36 Jahre, war die Antwort. Und auf die Frage, ob sie auch Kinder habe und wie alt diese seien, meinte sie, 24 und 22 Jahre. Diese Frauen wissen, was sie tun – und warum.
Jackline und ihr Team machen immer wieder Einsätze, die von politischen Vertretern in der Kommune oder den jeweiligen Schulen vorbereitet werden. Auf die Ankündigung meines Besuches planten sie einen kleinen kurzzeitig vorbereiteten Einsatz im größten Slum in Kampala.
Weil Regen drohte, wurde die Nähaktion für die wiederverwendbaren Menstruationsbinden im Raum einer Kirche durchgeführt.
Jackline und ihre Kollegin erklären den Mädchen und jungen Frauen, wie sie sich selbst Menstruationsbinden machen können. Die meisten können die Binden, die im Supermarkt oder der Apotheke verkauft werden, nicht bezahlen. Wenn sie keine Hilfe erhalten, endet dann mit Regeleintritt der Schulbesuch für Mädchen. Frühverheiratung und ein vorgezeichnetes Leben, das meist von Frühschwangerschaften, Armut und vielen Kindern gekennzeichnet ist, ist die häufige Folge.
Deswegen hält Jackline und ihre Initiative „Shine reusable pads“ die eigene Herstellung von wiederverwertbaren Menstruationsbinden für einen entscheidenden Präventionsfaktor. Nach der Einführung bilden sich Sitzgruppen und jede Frau erhält Stoffe, Nadel, Faden, Schablonen und beginnt zwei wiederverwertbare Menstruationsbinden anzufertigen. Sie scheinen das gerne zu tun, und es ist ein Weg in persönliche Gespräche zu kommen. So öffnen sich Einzelne manchmal und offenbaren ihre Gewaltsituationen, in denen sie leben und bekommen dann von dem Team Hilfe angeboten.
Nach der Nähaktion konnte ich mit den beiden Frauen noch eine Runde durch den Slum drehen, mit einer jungen Frau, die dort lebt (Mütze und rotes T-Shirt). Sie spricht die Sprache, man kennt sie dort und falls wir Ärger bekommen, hole sie ihre Gang, meinte die junge Frau.
Im größten Slum in Kampala kämpfen viele Waisenkinder und junge Frauen um ihr Überleben. Und es gibt auch ordentlich Abzocke, selbst in diesem Slum. Viele schlafen in einem Raum, in den 8 vier-etagige Betten stehen. Tür gibt es nicht, nur ein Tuch am Eingang des dunklen und fensterlosen Raumes. Pro Familie/Paar/Person gibt es eine Matratze. Manchmal, so wurde ich aufgeklärt, bekommen Männer, die hier nächtigen, in der Nacht ein Mädel zum “Genuß” danebengelegt und natürlich „verwechseln“ manche die Betten. Und so gibt es leicht frühe Schwangerschaften und viel Überforderung. Es ist ein Zuhause im Slum, das im Grunde kaum Schutz bietet. Ein solches Bett kostet auch noch Miete. 50 Cent die Nacht, die jeden Tag bezahlt werden müssen, sonst fliegt man raus. Und die Nacht will hier niemand jenseits seiner Matratze draußen im dunklen Slum verbringen. Das ist klar. Wenn die Frauen an den Schulungen von Shine reusable pads teilnehmen, wird für diese Nacht wenigstens die Miete für ihre fragwürdige Unterkunft bezahlt.
Da sein, ansprechbar sein, Prävention durchführen, Shelter anbieten und in ein breit gefächertes Hilfsnetzwerk (Klinik, Trauma, Polizei, Juristen, weitere Shelters…) vermitteln, all das macht Jackline mit Ihrem Team. Im Alltag der Shelter unterstützen sie professionell, menschlich, geistlich mit den vielfachen Folgen sexueller Gewalt leben zu können und zu einem stabilen Leben zurückzukehren.
Es ist mir sehr nachvollziehbar, wenn Jackline von ihrem Traum spricht. Sie möchte gerne, dass diese jungen Frauen wirtschaftlich unabhängig sein können, um Lebensentscheidungen – auch Beziehungsentscheidungen – in Freiheit treffen zu können.
Deswegen möchte Jaqueline den Mädchen eine berufliche Qualifizierung ermöglichen…. Ein Berufsbildungszentrum für Berufsausbildungen im rollierenden System, wie es zur Kultur von codo passt – das ist der nächste Traum.
Wir als cornerstone domino -Team finden Jacklines Einsatz auf so vielen Ebenen bewundernswert und nominieren Sie daher von Herzen gerne für den 19. Bremer Solidaritätspreis. Wenn sie den gewinnen würden, wäre es möglich diesen Traum, den sie für so viele Opfer sexueller Gewalt träumt, in die Realität zu setzen.
Wir würden uns freuen, wenn der Traum, der aus diesem leidenschaftlichen und unermüdlichen Engagement erwächst, wahr werden könnte.
Birgit Bergmann für das cornerstone domino – Team!
Wir sind froh, dass wir uns zusammengetan haben und sich immer mehr Interessierte unserer Arbeit anschließen, oder sie unterstützen. Wäre das auch was für Sie oder dich?
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